Editorial Nr. 54
Liebe Leserin, lieber Leser,
Übergangssystem wird das Sammelbecken für all die Schülerinnen und Schüler genannt, die nach Erfüllung ihrer Vollzeitschulpflicht aus den allgemeinbildenden Schulen entlassen wurden, aber keine Ausbildungsstelle gefunden haben.
Und tatsächlich werden hier viele Weichen gestellt: Während die einen doch noch in letzter Minute ihren Anschlusszug erreichen und eine Ausbildung finden, merken andere erst zu spät, dass ihr Zug auf einem Abstellgleis gelandet und ihr Waggon längst aussortiert ist.
Hartz IV heißt die Abwrackprämie für diejenigen Schülerinnen und Schüler, deren Karteikarte schon in jungen Jahren bei der ARGE unter »unvermittelbar« abgeheftet ist. Sie trifft man häufig später nur noch vor dem Bahnhof mit einer Flasche Bier in der Hand an und nicht im Bahnhof auf den Gleisen, an denen die Berufspendler auf ihren Zug
zur Arbeit warten.
So unterschiedlich die Schülerinnen und Schüler in diesen Klassen auch sind, ihnen allen gemeinsam ist, dass der erste mögliche Zug in die Arbeitswelt ohne sie abgefahren ist. Viele von ihnen stellen erst in der Berufsschule fest, dass sie in einem abgehängten Waggon gelandet sind, der kalt und ungemütlich ist.
Aufgabe der Schule und des Religionsunterrichts ist es hier, den Schülerinnen und Schülern nicht nur Hoffnung auf den nächsten Zug zu machen, sondern ihnen auch zu vermitteln, wie man mit Hilfe eines Fahrplans von A nach B kommt, dafür die richtige Fahrkarte erwirbt und einen Sitzplatz, vielleicht sogar einen Fensterplatz findet.
Dies ist eine der größten Herausforderungen, die (Religions-)Lehrerinnen und Lehrer an der Berufsschule erwartet, zumal wir uns selbst immer wieder vor Augen halten müssen, dass wir nicht an einem Abstellgleis, sondern an einer Weiche arbeiten.
Wir möchten Ihnen mit dem vorliegenden BRUMAGAZIN methodische und inhaltliche Ideen an die Hand geben, um diese schwierige Arbeit mit dem nötigen Enthusiasmus und dem richtigen Handwerkszeug bewältigen und den Zug auf die richtige Schiene bringen zu können.
Ich wünsche Ihnen viel Kraft und Freude an Ihrer Arbeit!
Ihre Annette Schäfer-Roth