Editorial Nr. 55

Liebe Leserinnen und Leser,

»Geht nicht« gibt’s nicht… Diese alte Handwerkerweisheit kam der Redaktion sofort in den Sinn bei dem Entschluss, ein Heft zum Unterricht mit handwerk­lichen Auszubildenden zu machen. Als Motto passt dies aber nicht nur zum vorliegenden Heft, sondern auch zum Unterricht und seinen Rahmenbedingungen: Blockklassen, die häufig wechseln, einstündiger Unterricht, hohe Abbrecherquoten. »Geht nicht« gibt’s nicht… – das galt leider auch für die Schwierigkeiten, Fachleute zum Thema Kirche und Handwerk zu einem Artikel zu bewegen. Dafür sprudelten die Ideen in der Redaktion umso kräftiger. Das Handwerk als eigene kulturelle Größe wurde von Artikel zu Artikel greifbarer.

Was nicht passt, wird passend gemacht. Dieser Verdacht trifft nicht nur schlechte Handwerker, sondern auch den BRU in seinem Versuch, Schüler­orientierung, Berufs­orien­tierung und theologische Fundierung beieinander zu halten. Wir leisten mit den hier vorgelegten Beispielen unterrichtlichen Handwerks einen Beitrag zu dieser nie endenden Diskussion und wollen zu eigenen Versuchen anregen.

Dabei kann man das Heft sozusagen in unterschiedlicher Richtung lesen. Von vorn gelesen ist es ein Heft über die Verwurzelung des BRU in Arbeitswelten und Berufs­traditionen, in Ritualen und Lebenserfahrungen. Der Berufsbezug des BRU ist in den unterrichtspraktischen Beispielen handfest und offensichtlich. »Von hinten gelesen« wird die Unterscheidung von materialem und kategorialem Berufsbezug, die Andreas Obermann in seinem Artikel in Wissenschaft + Forschung trifft, zum Leitmotiv. Der Berufsbezug muss sich aus diesem Blickwinkel daraufhin befragen lassen, wo grundlegende Kompetenzen erworben werden, die über das ökonomisch verwertbare Ausbildungsziel hinausgehen.

Klappern gehört zum Handwerk. Das mussten viele Kolleginnen und Kollegen Ende der 90er Jahre lernen, als der Wind dem BRU scharf ins Gesicht wehte – gerade von Seiten des Handwerks. Hier hat sich die Situation für den BRU spürbar entspannt. Mittlerweile droht die Gefahr von anderer Seite. Immer mehr BRU wird in den Vollzeitklassen nachge­fragt. Der traditionelle Kern, die Teilzeit-Berufsschule in dualen Aus­bildungsberufen, wird demgegenüber vielerorts zur Randerscheinung. Auch deshalb ist das Klappern für den BRU im Handwerk angesagt.

Ihr Johan La Gro